In tiefer Dankbarkeit meinen Pflegeeltern gegenüber
Pflegemutter war Jahrgang 1898 und Pflegevater 1895. Ich wurde 1945 geboren.
Mein Vater, geb. 1919, als 1 1/2- jähriger Bub, verlor seine Mama, nachdem sie verhinderte, dass ihr zweites Kind geboren wird, wurde von seinem Onkel, dem Bruder seiner Mama, gemeinsam mit seiner Frau, als Sohn aufgenommen, weil der Vater nun als Witwer, eine neue Frau kennenlernte und das Kleinkind als Störfaktor empfand. Der Junge wurde vom Vater auch nicht mehr ordentlich versorgt. Der Onkel war 2 Jahre verheiratet, so das dadurch eine kleine Familie entstand. Die Oma, Onkels Mutter, lebte mit bei den jungen Eheleuten im Haushalt.
1944 wurde mein Vater als Soldat eingezogen und kam kurz danach in englische Gefangenschaft und wurde gleich nach England, London, verbracht. Nach Kriegsende konnte er nicht sofort zurück nach Deutschland, weil er nicht entlassen wurde, sondern in London als Gefangener Reparationsarbeiten leisten mussten.
Bei guter Führung durften Soldaten in die engl. Familien an den Feiertagen, damit sie nicht so dolles Heimweh verspüren. So lernte mein Vater die Tochter des Hauses kennen und lieben, die einen 2-jähr. Sohn von ihrem Verlobten hatte, der im Krieg blieb. Mein Vater wusste, dass seine Frau, meine Mama, nach meiner Geburt an Kindbettfieber verstorben war. Er heiratete diese Frau, blieb in London und richtete sich in seinem neuen Leben ein.
Nun waren wieder Onkel und Tante gefordert, die für mich als Großonkel und Großtante im Familienverband, aber jetzt die Pflegeeltern wurden. Ich wurde anerkanntes Pflegekind und Halbwaise. Für mich waren Großtante und Großonkel immer Mutti und Papa.
Es waren sehr liebevolle, fürsorgliche Eltern für mich.Ich hatte mir nie andere Eltern gewünscht. Ich liebte sie von ganzem Herzen.
Ihre Liebe zu meinem Vater, zu mir und weiter ging sie über auf meinen älteren Sohn, den sie auch noch 10 Jahre mit großzogen, damit ich ungestört meiner Arbeit nachgehen konnte. Er genoss ihre volle Aufmerksamkeit und unerschütterliche Liebe.
Ihre Großherzigkeit kann von mir nur im hohen Maße Anerkennung bekommen.
Die größte Sorge für meine Pflegeeltern war nach meiner Geburt, dass ich am Leben bleibe. Da ich keine Ammenmilch vertrug, bekam ich Ernährungsstörungen mit starkem Gewichtsverlust, dazu Milchschorf und Nesselfieber mit Fieberkrämpfe bis hin zum Blau anlaufen. Mit dem Kopf wog ich immer hin und her.
Meine Pflegeeltern holten mich nach etwas Besserung aus dem Krankenhaus nach Hause und päppelten mich auf. Papas Vorschlag war, Grießbrei in kleiner Menge und mehrmals am Tag, gekocht mit 1/2 Milch und 1/2 Wasser, etwas dicker, damit er in mir drinnen bleibt. Gute Entscheidung. Es hatte funktioniert.
Mutti band sich die noch feuchten Windeln um ihr Bauch, damit ich schneller und vorgewärmte Windeln um bekam.
Sie hatten alles richtig gemacht, ich wurde groß und kräftig, durch ihre Fürsorge.
Großonkel und Großtante hatten keine eigenen Kinder.
Meine Eltern hatten mich in jeder Hinsicht unterstützt, mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ich bekam immer eine liebevolle Führung von ihnen. Sie hatten mich auf meinem Lebensweg stets geradlinig geführt.
Ich bin ihnen unendlich dankbar, ohne sie wäre ich nicht am Leben.
7 Kommentare zu “In tiefer Dankbarkeit meinen Pflegeeltern gegenüber”
Sehr schön, diese Würdigung deiner Pflegeeltern!
ohh..
da habe ich doch gleich „Pipi“ in den Augen
wie großherzig deine Pflegeeltern dich angenommen haben
besser hätten es eigene Eltern nicht machen können ..
und haben sie ja auch nicht
auch dass du keinen Groll gegen den Vater hegst finde ich sehr schön
das hat sicher auch das gute Verhältnis zu Onkel und Tante bewirkt
liebe Grüße
Rosi
Wirklich sehr liebevolle Erinnerung an deine Pflegeeltern. In den TV-Sendungen, in denen Menschen ihre leiblichen Eltern suchen, kann man immer wieder feststellen dass fürsorgliche Pflegeeltern das Beste war, was ihnen passieren konnte.
Herzliche Grüße!
Liebe Brigitte,
die schrecklichen Kriege hinterlassen sehr viel Leid und Schrecken, leider hat sich trotz der Erfahrungen nichts geändert.
Meine liebe Oma wurde zur Kriegerwitwe, sie hatte sich durch Heirat mutterlosen Kindern (mein Vater und Tante) angenommne und nun wurde auch ich ihr Veertuch *im Sinne von verzogenem Kind* lt. meiner Mutter ;).
Schicksalswege sind oft unerklärlich und seltsam, mitunter ein Segen!
Dein Eintrag ist eine liebevolle Würdigung!
Herzliche Grüße!
Liebe Brigitte,
dein Beitrag hat mich sehr berührt. Liebevolle Worte findest du für deine Pflegeeltern und setzt damit ein Denkmal für ganz große Menschlichkeit. Ich bin dir sehr dankbar für deinen Beitrag, weil ich in letzter Zeit manchmal arg gezweifelt habe am Guten im Menschen.
Herzliche Grüße an dich zum frühen Morgen.
Liebe Brigitte,
was du hier so berührend schilderst, erinnert mich sehr an meine Familiengeschichte, die ich kürzlich wieder angefangen habe, aufzuschreiben. Zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und der Zeit nach den beiden Weltkriegen wird es vermutlich unendlich viele solcher und ähnlicher Schicksale gegeben haben. Und ich frage mich, warum heute in einer Zeit, in der die meisten Menschen doch genug zum Leben haben, so wenig Mitgefühl und Solidarität herrscht.
Liebe Grüße – Elke
Das ist so rührend geschrieben liebe Brigitte. Wie in einem Film, der einen zu Tränen rührt.
Meine Mutti wurde 1944 geboren, sie war das 6. von später 7 Kindern. Es gab nichts zu essen, sie war am verhungern. Meine Oma trug sie weinend zum Arzt, der bereits den Totenschein ausstellte. Es fehlte nur noch das Datum.
Eine russische Frau bekam das mit und bot meiner Oma an zu helfen. Ich weiß nicht mehr was es zu essen war, aber meine Mutti überlebte. Sie wurde dank dieser Frau aufgepäppelt.
Liebe Grüße von Kerstin.
Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website einverstanden. Datenschutzerklärung